Meuselwitz. Erst gegen 18.10 Uhr hatten die Meuselwitzer ihre Lieblinge
wieder. Die Aufstiegshelden vom ZFC kehrten mit einiger Verspätung vom
bedeutungslosen letzten Spiel aus Dresden zurück. Zahlreiche Baustellen bremsten
die Heimfahrt des frisch gebackenen Regionalligisten aus. Und die ausgedehnte
Rückreise hatte bereits Spuren hinterlassen. „Die ganze Fahrt haben wir
durchgesungen“, krächzte Vereinschronist Hans Terton, der viele Liedtitel
persönlich anstimmte.
Was die Aufsteiger dann in Meuselwitz erwartete, hatten sicher auch die
erfahrensten Spieler des ZFC niemals geahnt. Binnen weniger Tage wurde für die
Meister der wohl erste Autocorso in der Geschichte der Schnauderstadt kreiert,
der locker an südländisches Temperament herankam. Die Helden feuchtfröhlich und
weiter singend vorneweg in offenen Cabrios und die Fans mit Dutzenden Fahrzeugen
heftig hupend hinterher. Viele tragen schon das knallrote T-Shirt, das sicher
Kultstatus gewinnen wird: „Die Aufstieg-Profis kommen, ZFC Meuselwitz,
Regionalliga 2009“ ist darauf in weißen Buchstaben zu lesen.
„Viele Autos“, kam der zweijährige Tiago aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Sicher behütet von Vati Felix Hesse im Fond eines Mercedes Cabrio. Der
Abwehrspieler genießt wie seine Mannschaftskameraden dieses einzigartige Bad in
der Menge sichtlich. „So viele Leute wegen uns auf den Beinen. Das ist einfach
der helle Wahnsinn“, meint der 26-Jährige immer wieder, klatscht sich mit seinen
Kameraden ab und stimmt eine neues Lied an.
Die ultimative Steigerung folgt im Herzen der Stadt: Der Meuselwitzer Markt,
sonst an späten Sonntagnachmittagen fast menschenleer, ist in ein rot-weißes
Meer aus Schals und Fahnen gehüllt. Geschätzte 2000 Fans des ZFC bereiten ihren
Aufstiegshelden einen unvergesslichen Empfang. „Ich bin einfach so stolz, dass
ich das hier erleben durfte“, sagt Felix Hesse und wirkt zu recht ein wenig
traurig. Denn Hesse verlässt den Verein definitiv und zieht mit Söhnchen und
Frau in die Schweiz. „Danke Meuselwitz!“ – Jubel.
Auf der Bühne warten die Meuslewitzer Bürgermeisterin Barbara Golder und
ZFC-Präsident Hubert Wolf mit den Fans sehnsüchtig auf die Aufsteiger. „Ich habe
schon beizeiten gesagt, dass 2009 ein spannendes Jahr wird. Wir feiern 60 Jahre
Bundesrepublik und 20 Jahre Mauerfall. Aber was der ZFC dazu beigesteuert hat,
ist die Krönung für uns Meuselwitzer“, ruft die Bürgermeisterin der Menge zu und
hat einen 2000-Euro-Zuschuss für notwendige Arbeiten im Stadion in der Tasche.
Dann werden Spieler, Trainer und Offizielle einzeln auf die Bühne gerufen, die
angesichts der ausgelassenen Tänze bedrohlich ins Wanken kommt. Für Keeper Olli
Dix gibt’s zusätzlich zum kleinen Pokal für jeden noch einen Ehrenpokal. Als
einziger hat er die 30 Partien durchgespielt. Und Karsten Oswald, der so
erfahrene Kapitän der Meuselwitzer, ist kaum wiederzuerkennen. Wie aufgedreht
flitzt er auf die Bühne und schwenkt wild den Meisterpokal. „Jaaaahh, wir haben
ihn!“ Mirko Kotowski, bekannt als Spaßmacher, stimmt mit dem Publikum eine
La-Ola-Welle an und drängt Erfolgstrainer Damian Halata zu Ungewöhnlichem:
„Trainer sing ein Lied für uns!“ Und der sonst so sachliche Fußballehrer sprang
über seinen Schatten: „Sooo ein Tag, so wunderschön wie heute“, kam es ein wenig
schräg. Und die Fans fielen begeistert ein. Mit einem Versprechen verabschieden
sich die Kicker von der Bühne: „Oberliga, nie mehr, nie mehr!“. Dann geben
Barbara Golder und Hubert Wolf das entscheidende Kommando: „Freibier“. 22 Fässer
garantierten eine lange Party. Jörg Wolf